Die digitale Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit ihrer Umwelt bedeutet nicht nur neue Möglichkeiten für den Personenkraftverkehr. Auch für Nutzfahrzeugflotten öffnet sie großes Potenzial, die Betriebskosten spürbar zu senken. In unserem dritten und letzten Teil aus der Serie „Der Lkw der Zukunft“ wollen wir dieses facettenreiche Thema genauer beleuchten.

 

Das Nutzfahrzeug als Teil der digitalen Infrastruktur.

 

Der Austausch von Daten über Schnittstellen an den in den Flottenfahrzeugen verbauten informationstechnischen Geräten findet heute schon über zahlreiche Anwendungen statt. So zum Beispiel bei der Aufzeichnung, Speicherung und Archivierung von Fahrer- und Fahrzeugdaten, die dank moderner Tachographen, praktischer Downloadtools und intelligenter Flottenmanagementsoftware längst automatisiert vollzogen werden kann. Auch Informationen zum Fahrzeug- und Trailerzustand, zu Wartungsintervallen oder zu Kühlketten werden bereits digital ausgetauscht und verwertet. Und längst erfolgt die Optimierung von Routen oder Lade- und Lieferprozessen mithilfe von Echtzeit-Positionsdaten, welche die Fahrzeuge an ihre Leitstellen übermitteln.

Die zu diesen Zwecken erfassten Daten sind wichtige Informationen aus verschiedensten Quellen, von denen jede für sich wertvolle Erkenntnisse liefert. Aber erst, wenn alle diese Datenquellen sinnvoll miteinander vernetzt werden, kann „Konnektivität“ ihre volle Wirkung entfalten. Der Begriff bezeichnet also eine digitale Infrastruktur, von der derjenige am meisten profitiert, der sie voll und umfänglich auszunutzen weiß.

 

Der LKW als Teil des „Internet of Everything“.

 

Wie so etwas aussehen kann, zeigt TIS Web Motion bereits heute. Die intelligente Flottenmanagementsoftware verknüpft Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer mit Fahrzeugzustands- und Positionsdaten. 

Fahrweisen können auf Basis des Datenmaterials ebenso optimiert werden wie es möglich ist, mit individuellen Bonussystemen die Motivation einzelner Fahrer und damit auch die Attraktivität eines von Nachwuchssorgen geplagten Berufsstands zu erhöhen.

 

Dank Vernetzung zur Schwarmintelligenz.

 

Die Zukunft verspricht indes noch weit mehr. Denn sobald das Fahrzeug als Teil einer digitalen Gesamtinfrastruktur mit anderen Fahrzeugen (V2V) oder gar über alle anderen nur möglichen Schnittstellen mit seiner Umwelt kommuniziert (V2X), dürfte sich die volle Kraft einer solchen ganzheitlichen Vernetzung entfalten.

So basiert beispielsweise der eHorizon auf dem Gedanken der „Schwarmintelligenz“ aller Fahrzeuge. Über deren Sensorik können Informationen zur Route, zum Straßenzustand oder Verkehr in eine Cloud gegeben und von dort von anderen Fahrzeugen wieder abgerufen werden. Auf diese Weise erhalten die Lkw detaillierte Informationen zu Streckenbesonderheiten wie temporären Geschwindigkeitsbegrenzungen, Baustellen oder regennassen Fahrbahnen. Und das lange bevor sie die jeweilige Stelle passieren. Der dynamic eHorizon von Continental wird beispielsweise bis zu mehreren Kilometern vorausschauen können und auf die jeweilig voraus liegende Lage mit Hilfe so genannter Eco Coasting-Funktion automatisch und optimal reagieren.

 

 

Quelle: Continental AG

 

Big Data in der Logistik und Transportbranche.

 

Ebenso wie in anderen Wirtschaftsbereichen dürfte die Transport- und Logistikbranche ihr „wahres Gold“ schließlich in Big Data finden. Aus den Korrelationen innerhalb größter Datenbestände ließen sich nicht nur neue „Business Rules“ für die konkreten Arbeitsschritte   ableiten. Der Zugang von Drittdienstleistern zum Datenmaterial einer Flotte könnte auch ganz neue Geschäftsmodelle begründen.

 

Zu diesem Zweck bietet VDO heute bereits intelligente Schnittstellen an, mit denen Tachographen-Daten in eine Cloud hochgeladen bzw. aus der Cloud extrahiert werden können. Von einer solchen „einheitlichen“ Plattform profitieren nicht nur Manager von Mischflotten, denen damit die Möglichkeit zur Nutzung einer einheitlichen Flottenmanagementsoftware gegeben wird. Mit dem Datenmaterial lassen auch tiefere Erkenntnisse über den Transportmarkt oder Zusammenhänge in den Logistikprozessen gewinnen. Auch Drittdienstleister erhalten so die Möglichkeit, gänzlich neue Services zu entwickeln und damit die Effizienz im Gesamtprozess zu erhöhen. So könnten Versicherungen beispielsweise individuelle Policen je nach Ladung, Strecke oder Fahrer und nur für die Dauer des jeweiligen Transports anbieten. Vor allem aber liegt in der Zusammenführung von Datenpools unterschiedlicher Systeme Potenzial. So könnte beispielsweise der Rampenverkehr bei der Be- und Entladung optimiert werden. Denn sprächen Rampen- mit Flottenmanagementsystemen, würde die Abfertigung exakter gesteuert und teure Wartezeiten vermieden werden.

 

Basierend auf dem Prinzip der Konnektivität ließe sich auch der Arbeitsalltag der Fahrer erleichtern. Man stelle sich vor, die Parkplätze auf den Autobahnraststätten wären mit elektronisch gesteuerten Schranken versehen. Durch die Verknüpfung der Tachographendaten zu Lenk- und Ruhezeiten mit den Buchungssystemen dieser Parkplätze könnten automatisch Reservierung zum Lenkzeitende vorgenommen werden. Die ebenso zeitraubende wie aufreibende Parkplatzsuche entfiele für den Fahrer.

 

Die Gedankenspiele zeigen, dass mit wachsender Konnektivität bzw. mit zunehmender Vernetzung nicht nur Potenziale für mehr Effizienz im Flottenbetrieb gehoben werden, sondern in Zukunft auch ganz neue Geschäftsmodelle entstehen können. Eine Zukunft, in der ganzheitlich vernetzte, selbstfahrende Lkw mit alternativen Antrieben ihren festen Platz haben werden.